Natürlich machte ich mich am nächsten Tag auf den Weg nach Hause.
Schweren herzens drückte ich am Abend die Tür von Toshiyas Wohnung auf, starrte dabei auf den Boden. Toshiya war heute sehr distanziert zu mir, sprach kaum. Es wäre, als hätte er etwas vor mir zur verbergen und ich hatte das Gefühl, ihn zu belasten.
So machte ich mich, schlechten Gewissens, auf den Weg den steilen Berg in richtung Heim zurück zu kehren.
Ich seufzte tief als ich vor der Tür stand. Klopfte nicht, holte meinen Schlüssel aus meiner Hosentasche. Die Kleidung die ich nun trug, schenkte mir Toshiya. Er sagte, ich hätte dann mal was ordentliches und es würde mir eh besser stehen als ihm.
Und er wäre eh rausgewachsen.
Es war außerordentlich still, was mich ein wenig beruhigte. Der Fernseher lief leise, aber von dem Tyrannen keine Spur. Er war wahrscheinlich in irgendeiner Kneipe oder auf irgend so einer lächerlichen Party.
Ich trat in das Wohnzimmer, auf dem dreckigen Boden sammelten sich Zigarettenkippen und Glasscherben alter Wodkaflaschen.
Ich sah zum Aschenbecher, der unbeachtet in der Ecke lag. Es lag noch eine angezündete Zigarette darauf, die ich ausdrückte. Rieb meine Hand danach am abgenutzen Sofa ab. Ich hasste diesen Gestank.
Ich ging mit meinen Fingern sachte über mein Gesicht. Meine Wunden waren allesamt abgeheilt, mein blaues Auge war weg. Mir ging es bis jetzt noch gut, also prägte ich mir dieses Gefühl ein in der Hoffnung, ich könnte es wieder rufen wenn es mir schlecht ging. Wenn mein Vater kommt.
Ich wollte mich aufs Sofa fallen lassen, überraschenderweise lag jedoch ein grünes Buch auf diesem. Mein Vater ließt nie, ich bezweifle das er es kann. Die neugier packte mich, ich riss es an mich, hockte mich auf den Boden und starrte es an. Was draufstand brachte mich so sehr aus der Fassung, das mich übel wurde.
Ich blätterte vorsichtig auf die erste Seite. Ich sah viel geschriebens, was ich dann vor aufregung übersprang. Meine Hände begangen zu zittern, ich konnte nicht glauben das dieser verdammte Mann so etwas besaß. Ich fragte mich dann aber doch, ob mit Familie überhaupt ich gemeint war, den das erste Bild was jene Augen einer wunderschönen Frau.
Darunter stand ein Text.
Meine geliebte Naru. Ich sehne mich nach dir.
Nach der Zeit mit dir allein.
Ein für mich unbekanntes Gefühl kommt in mir auf.
Ein Gefühl der Geborgenheit.
Dein Lächeln, deine Ausstrahlung.
Wann können wir uns wieder sehen?
Ich zog eine Augenbraun hoch. ,,Wer war Naru?", fragte ich mich laut.
Im Grunde genommen ging mich das ja nichts an, ich wollte gar nicht wissen was in ihm vorgeht und mit wie vielen Frauen er sich traf und wie viele davon er als >> Familie << bezeichnet.
Die Neugier siegte jedoch über den Stolz und ich blätterte weiter.
Du bringst mich noch um den Verstand!
Die Zeit auf dem College mit dir ist für mich die schönste Zeit im Leben.
Ich dachte zuerst du beachtest mich nicht, bist vor meiner Art verschreckt.
Ich zeige nicht gerne Gefühle, verstecke mich hinter meiner Maske.
Aus Selbstschutz.
Doch du durchbrachst sie, in viele kleine Teile.
Brachtest die Fröhlichkeit in mein Leben.
Oh Naru, fühlst du denn das selbe wie ich?
Ich konnte nicht glauben was ich dort las. Ich errötete an der Stelle mit der Maske, da dies aus meinen eigenen Worten so bekannt vorkam.
Wer schrieb das? Doch nicht wirklich mein sogenannter Vater?
Und wer war diese Frau.
Ich fragte dich, ob ich dich vor unserer College WG, im Garten fotografieren durfte, angeblich für mein College Album.
Du willigst ein und ich freute mich wie ein Irrer.
Machte hunderte von Fotos. Mochte eines mehr als das andere.
Du lachtest viel, warst glücklich.
Ich liebte es dich so zu sehen.
Ich liebte deine Art - ich liebte dich.
Und es machte mich beinahe Verrückt dich nicht berühren zu können.
Die Angst vor Abweisung kroch in mir hoch.
Du machtest auch Bilder von mir.
Ich hielt mir meist meine Hand vor mein Gesicht.
Wollte nicht das du mich fotografierst. Ich schämte mich.
Du lachtest nur und sagtest ich sollte nicht so böse reinschauen.
Ich wollte nicht böse schauen - nicht zu dir.
Dir zu liebe lächelte ich.
Und als es mir geling und ich dein glückliches Gesicht als Gegenleistung sehen durfte, wollte ich gar nicht mehr damit aufhören.
Ich wollte dir sagen was ich für dich Empfinde.
So nahm ich all meinen Mut zusammen und fasste deine Hand.
Sah dich an, schweigend. Du verstandst und das lächeln aus deinem Gesicht verbleichte.
Gingst einige Schritte zurück, ranntest danach fort.
Ich habe dich erschreckt - verschreckt.
Ich blieb regungslos stehen und ließ die Kamera fallen.
War das das Ende?
Ich betrachtete mir den Mann genauer.
Es WAR mein dieses Monster. Mein Vater.
Noch mit kurzen, gepflegten Haaren. Keinen Bart und saubere Kleidung.
Ich konnte meinen Augen nicht trauen und meine Hand zitterte so heftig, das ich kaum die nächste Seite umblättern konnte.
Kamst zu meiner überraschung bereits nach kurzer Zeit zurück gerannt.
Hattest ein Kleid an, hattest dich hübsch gemacht.
Dein strohblondes Haar fiel zaghaft über deine schmalen Schultern.
Hieltest deinen Blick streng nach unten, warst scheinbar äußerst schüchtern.
Sprachst stotternd,
hast nervös an deinen Füßen heruntergesehen.
Dann sagtest du leise, für mich allerdings laut genug ..
Ich liebe dich auch.
Verlor vor Glück alle Hemmungen.
Küsste dich, musste dich berühren.
Strich mit meinen Fingern durch dein weiches Haar.
Berührte deine makellose Haut.
Für dieses Gefühl findet man einfach keine Worte.
So schmissen wir vor Liebesglück das College.
Und heirateten.
Waren so glücklich. Hatten zwar kaum Geld, fang allerdings eine Arbeit.
Du wurdest lieber Hausfrau, ich bot es dir an.
Wollt nicht das du dich überanstrengst.
Du warst einverstanden.
Ich brachte genug Geld ein, unser Liebesglück war fast perfekt.
Das was unser Glück perfekt machte, war auf dem Weg.
Als er da war, wurde alles nur noch besser.
Wir nannten ihn Kyo.
Du liebstest ihn so sehr, das du ihn gar nicht mehr vom Arm nehmen wolltest.
Der Kleine sah dir zum verwechseln ähnlich!
Die Augen hatte er von mir, aber alles andere war allein von dir.
Ich liebte ihn, du liebtest ihn ..
wir liebten uns.
Es war die schönste Zeit meines Lebens.
Du maltest auf den Fotos viele Blumen drauf.
Wir waren so glücklich, wir drei ..
...
Ich starrte noch einige Minuten fassungslos auf das Foto.
Diese Frau war meine Mutter!
Ich habe meine Mutter noch nie gesehen.
Diese Fotos hatte mein Vater, dieser Mistkerl, mit verschwiegen.
Wieso durfte ich sie nicht sehen ?!
Was war geschehen?
Meine Mutter sah mir wirklich ähnlich ..
An Kyos dritten Geburstag.
Gingst du nochmals um 8 Uhr fort.
Musstest das wichtigste Geschenk für deinen kleinen holen.
Er war dir so wichtig, es musste was besonderes sein.
...
Ich hörte nur noch ein schreien.
DEIN schreien!
Quietschende Autoreifen, lautes gelächter.
Ich rannte raus und sah etwas, was ich mein Lebenlang nicht vergessen werde.
Mein Herz krampfte sich zusammen.
Sah dich dort liegen, umgeben von Blut.
Nahm nicht war wie ich gelassen und ruhig den Notarzt rief.
Bemerkte erst den Schmerz -
als meine Tränen flossen.
So rannte ich zu dir hin, sah zu dir hinunter.
Meine Naru - geliebte Naru.
Strich dir übers Haar, über dein Gesicht.
Warum musste es so kommen?
Bemerkte noch wie der Notarzt dich abholte.
Ich konnte nicht mit dir gehen - unser Sohn.
Ich konnte ihn doch nicht alleine lassen.
So wartete ich geduldig am Telefon ..
konnten sie meine Geliebte retten?
Als ich das Telefon klingeln hörte und die Nachricht mitbekam -
brach eine Welt für mich zusammen.
Du starbst.
Ich ließ den Hörer fallen und sackte zu Boden.
War zerstört, ein kapputter Mann.
War allein, verwundet.
Wusste weder wohin, noch zu wem.
Sah, wie mein kleiner Sohn zu mir rüberkrabbelte.
Schrie nach seiner Mutter.
Als ich ihn ansah, den armen kleinen Jungen.
Stieg Wut in mir hinauf und ich schrie.
Schrie ihn an warum er meiner Geliebten so ähnlich sieht.
Er durfte es nicht wagen ! Wegen diesem Kind bist du auf die Straße gerannt!
Wegen diesem Kind bist du gestorben!
Schau nicht so unschuldig!
Weißt noch nicht was du angerichtet hast.
Du dummes Kind! Liest sie sterben!
Warum bist du auf die Welt gekommen? Wir waren auch ohne dich glücklich!
Es tat gut, jemanden die Schuld zu geben.
Du wirst dafür leiden ..
leiden ..
leiden ..
Die weiteren Zeilen schockten mich.
Sie waren krackelig geschrieben, ab hier hin hörte das Album auf mit Bildern.
Hin und wieder wurden Wörter hingekritzelt.
Es war nicht meine Schuld, das Mutter starb!
Oder doch .. ?!
Ich starrte gegen unsere kahle Hauswand.
Ein unbeschreibliches Schuldgefühl stieg in mir hinauf,
und zerfrass meine Gefühle des Glücks.
Ich sah auf das Bild meiner hübschen Mutter.
Ging mit den Fingerkuppen langsam über das Foto, so vorsichtig
als hätte ich Angst es könnte verschwinden.
Wenige Minuten später hörte ich, wie die Haustür aufgeschlossen wurde.
Jemand kam auf mich zu, ich drückte das Album an meinen Körper.
Ich schloss meine Augen,
bemerkte noch wie ein Bild aus dem Fotoalbum
auf den dreckigen Boden fiel.
Ich drückte meine Hände an das Buch, drückte es gegen meinen Körper,
als sei es eine Schutzmauer
die mich gegen dieses Monster zu schützen vermag.
Benachrichtigungen folgen später -
ich muss noch weg. Tut mir leid!
hoffe allen gefällt das Kapitel.