So, wie versprochen, geht es heute weiter. Am Samstag fahre ich für ein paar Tage weg und vorher schaffe ich leider keine Fortsetzung mehr, folglich müsst ihr euch bis Ende nächster Woche gedulden! Schreibt aber schön fleißig hier rein,d ass ich nciht in der Versenkung verschwinde, ja?
Also, hier kommt Kapitel 6.
Kapitel 6
Freitag, 19. Mai – 03:34 Uhr
Das Ticken der Uhr störte die bedrückende Stille im Haus und erinnerte Anna daran, dass die Zeit weiterlief. Sie rannte und rannte gnadenlos, ohne jede Rücksicht. Anna wusste nicht warum, aber sie hatte das Gefühl, dass jede Minute, nein, jede Sekunde, die verging Lucia weiter entschwinden ließ, die Chance, dass sie sie fanden minimierte. Tick, tack, tick, tack. Wieder waren etliche Sekunden vergangen und Anna wusste, diese Nacht würde sie nicht mehr einschlafen. Stöhnend drehte sie sich um und blickte auf ihren Wecker. Kurz nach halb vier, sie war erst vor einer guten halben Stunde ins Bett gegangen und dennoch kam es ihr vor, als wäre es eine Ewigkeit her. Davor hatte sie Lucias Zimmer aufgeräumt, sie sollte es schließlich schön haben, wenn sie nach Hause kam, und war dann mehrere Stunden regungslos auf Lucias Fensterbank gesessen, hatte Lucias Musik gehört. Irgendwann war ihr diese Position so unbequem geworden, dass sie beschlossen hatte, ins Bett zu gehen.
Und jetzt, etwas mehr als eine halbe Stunde später, stand sie schon wieder auf. Sie hatte keine Lust sich anzuziehen, also trottete sie im Nachthemd aus dem Schlafzimmer, die Treppe hinunter. Lustlos setzte sie sich an den Esszimmertisch, blätterte in einer Zeitschrift. Dieses Rumsitzen und warten, es machte sie so fertig. Harry hatte es gut, er konnte wenigstens bei der Polizei sein und die Suche nach Lucia überwachen; sie hingegen war gezwungen zu warten bis irgendetwas passierte und das machte sie vollkommen fertig. Eigentlich hatte sie vorgehabt in die Arbeit zu fahren, aber ihr war klar, dass sie in ihrem Zustand gar nicht erst dort aufzukreuzen brauchte. Glücklicherweise hatte wieder Dr. Larson die Aufsicht über die Nachtschicht und nicht Dr. Chaplin und Anna hatte gehofft, er würde sich mit der Aussage, sie fühle sich nicht wohl, zufrieden geben. Er tat es aber nicht.
„Sie fühlen sich nicht wohl?“ hatte er besorgt gefragt, „Dr. Chaplin sagte mir schon, sie wären in der letzten Schicht einfach so um 23:00 Uhr gegangen. Hatte das etwa damit zu tun? Ich hoffe doch, es ist nichts Ernstes!“ Anna hatte sich bemüht, ihre Tränen zurückzuhalten, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. „Nein“, hatte sie arrogant geantwortet, „nein, es ist nichts Ernstes. Mir geht es mit Sicherheit bald wieder besser.“ Er hatte sich schließlich damit zufrieden gegeben und Anna wusste, dass diese Ausrede nicht mehr lange halten würde. Wenn sie Lucia nicht bald fanden, würde sie ihm reinen Wein einschenken müssen. Lucia. Sie mussten sie einfach finden. Urplötzlich stieg Hitze in Annas Körper auf und Anna beschloss, kurz vor die Haustür zu gehen, um sich ein wenig abzukühlen.
Sie wusste ja, dass es nachts um halb vier draußen nicht gerade warm war, schließlich war es erst Mai, aber dennoch war sie von der plötzlichen Kälte, die ihr entgegenschlug, überrascht. Trotzdem blieb sie draußen und lehnte sich über den Zaun der Veranda. Die kalte Luft strömte in ihr Gesicht, ermöglichte ihr, für ein paar wenige Augenblicke wieder klar zu denken. Bestimmt zehn Minuten stand sie dort draußen, bis es ihr schließlich zu kalt wurde und sie beschloss rein zu gehen. Gerade als sie sich umgedreht hatte, fiel ihr Blick auf den Briefkasten. Er war offen, das war er sonst nie.
Anna drehte sich wieder um und ging auf den Briefkasten zu. Der kalte Stein drang in ihre nackten Füße, paarte sich mit dem unangenehmen schnellen Schlagen ihres Herzens. Verwirrt blickte sie in den Briefkasten, sah einen Briefumschlag. Seltsam, dachte sie sich, die Post war doch heute morgen schon da. Zitternd griff sie nach dem Umschlag und lief mit ihm ins Haus, draußen konnte sie sowieso nichts erkennen. Er war nicht frankiert, also hatte sie ihn heute Morgen vermutlich auch nicht übersehen. Es gab keinen Absender und dort, wo die Adresse hätte stehen sollen, stand schlicht: „Für Harry und Anna“. Schnell öffnete Anna den Brief und las die aus einer Zeitung ausgeschnittenen Buchstaben. Sämtliche Farbe wich aus ihrem Gesicht, Schwindel erfasste sie und Dunkelheit tastete nach ihren Sinnen, versuchten Besitz von ihr zu ergreifen. Mit ihrer rechten Hand suchte Anna nach einem Stuhl, sie wollte sich setzen. Ihre linke Hand, die den Zettel hielt, zitterte; der Brief fiel zu Boden.
Anna schaffte es schließlich, sich auf den Esszimmerstuhl zu setzen, vergrub ihren Kopf in ihren zitternden Händen. Lucia. Sie versuchte ruhiger zu atmen, versuchte, die Schwärze zu verdrängen. Sie durfte jetzt nicht ohnmächtig werden, nicht jetzt. Sie musste Harry anrufen, vielleicht wusste er ja damit etwas anzufangen. Anna stand auf und tappte auf wackeligen Beinen durchs Wohnzimmer. Doch, halt. Sie wollte Harry gar nicht sehen. Nein, sie wollte ihn nicht sehen. Sie würde selbst zur Polizei fahren und ihnen den Brief geben, Harry hatte sich schon in zu viel eingemischt. Ihre Beine zitterten immer mehr und genau in dem Moment, in dem sie ihr den Dienst versagten, hörte sie den Schlüssel in der Tür. „Gott, Anna“, sagte Harrys Stimme als sie auf den Boden fiel und kurz davor war, von der Schwärze besiegt zu werden. Was ist denn los?“, fragte er und sie fühlte, wie er sie in den Arm nahm. Aber sie wollte jetzt nicht getröstet werden, schon gar nicht von ihm. „Lass mich los!“, schrie sie und perplex löste Harry seinen Griff. „Was ist denn passiert, Anna?“
„Du bist schuld! Du und dein bescheuerter Job!“, platzte es aus ihr heraus, nachdem sie es geschafft hatte, aufzustehen. Tränen liefen ihr über die Wangen, ihre Stimme überschlug sich und klang hysterisch. Warum begriff sie es erst jetzt? Es war doch so eindeutig1 Hatte es unbedingt den letzten Satz des Briefes gebraucht um sie darauf zu bringen? Ach ja, Anna, bedank dich bei Harry. Eindeutiger ging es ja wohl kaum. „Woran bin ich schuld, Anna?“, fragte Harry verwirrt und Anna verfluchte ihn für seine ruhige Art. Könnte er sie nicht mal anschreien? „Das fragst du noch?“, kreischte sie, „Woran bist du schuld? Woran? Vielleicht daran, dass irgend so ein Mistkerl unsere Tochter entführt hat? Daran, dass er sie nach 21 Tagen töten wird? Daran, dass er ihr wehtun wird? Such dir was aus, Harry Savion, such dir was aus!“
Harry blickte sie fragend an und erst jetzt wurde Anna bewusst, dass Harry den Brief ja noch gar nicht gelesen hatte, aber es war ihr egal. Er war schuld, er ganz allein! Sie brauchte jetzt einfach einen Verantwortlichen. „Anna“, meinte Harry vorsichtig und versuchte Anna in den Arm zu nehmen, doch sie wehrte sich mit Händen und Füßen. Sie tat ihm weh, dass wusste sie und deshalb hatte sie auch erwartet, dass er aufgeben würde, aber stattdessen stand er nun hinter ihr und hielt von hinten ihre beiden Handgelenke fest, so dass sie nicht mehr um sich schlagen konnte. Zum ersten Mal wurde Anna klar, wie viel Kraft er eigentlich hatte.
„Jetzt hör mir mal einen Moment zu“, sagte er schroff, „ ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst, dass sie jemand entführt hat und noch weniger weiß ich, warum du mich dafür verantwortlich machst, aber ich versichere dir, dass ich niemals bewusst unsere Familie in Gefahr bringen würde. Ich dachte, unser primäres Ziel wäre es, Lucia zu finden und nicht, uns gegenseitig die Schuld zuzuschieben und uns zu prügeln, okay? Wenn du jetzt nicht mehr um dich schlägst, lasse ich dich auch los!“ Anna fühlte seinen fragenden Blick, spürte den festen Griff seiner Hände und wusste, dass er Recht hatte. „Okay“, flüsterte sie, woraufhin Harry sie umgehend losließ. „Gut. Woher weißt du, dass sie entführt wurde?“, fragte er vollkommen sachlich und Anna wusste, dass er wütend war. Anna nickte dem Brief zu und sah, wie Harry ein paar Handschuhe aus der Jackentasche holte, sie anzog und den Brief aufhob.
„Liebster Harry, liebste Anna“, las er.
„Ich denke, inzwischen müsste euch aufgefallen sein, dass ihr etwas verloren habt. Eure liebe Lucia ist bei mir, ein hübsches Mädchen, wirklich. Unglücklicherweise muss ich euch mitteilen, dass ihr eure liebe Tochter nicht mehr lebend wiedersehen werdet. Am 21. Tage ihrer Zeit bei mir, also in 20 Tagen, wird sie an ihren starken inneren Verletzungen sterben. Nehmt’s nicht persönlich. Ach ja, Anna, bedank dich bei Harry!“ Seine Stimme war leiser geworden und nachdem er den letzten Satz beendet hatte, sah er Anna tief in die Augen. Er trat auf sie zu und nahm sie in den Arm. „Wir finden sie, Anna“, flüsterte er, „Ich verspreche es dir, wir finden sie. Ich gehe wieder ins Präsidium und lasse den Brief auf Fingerabdrücke untersuchen, vielleicht finden wir etwas, was uns helfen kann.“ Er löste sich aus der Umarmung, küsste sie. „Möchtest du mitkommen?“, fragte er sanft. Anna nickte, sie wollte nicht mehr alleine sein, wenn sie mitging hatte sie nicht das Gefühl so furchtbar nutzlos zu sein. „Ich geh’ mich nur schnell anziehen“, sagte sie leise, bevor sie die Treppen zum Schlafzimmer hochrannte.
Das vorlette Bild fehlt. Ich hab's zwar geschossen, aber irgendwie hat er's nciht gespeichert. Wird nachgeliefert!!!!!!
LG
Elena