Kapitel: 40
Unser Telefonat
Das Freizeichen ertönte und nach kurzem Klingeln, wurde der Hörer abgenommen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Meine Hände wurden schwitzig und mein Atem ging schneller.
„Müller?“ ertönte eine männliche Stimme. Ich bekam keinen Ton heraus. Es war tatsächlich Nico am anderen Ende. Er hörte sich noch genauso an wie damals.
„Hallo?“
„Hallo Nico. Hier ist Esmeralda.“
„Oh, ha... hallo, Esmeralda. Ich freue mich, deine Stimme zu hören.“
„Ich habe vorhin deinen Brief erhalten.“
„Oh… und dann rufst du mich sofort an? Das finde ich aber nett von dir. Du weißt ja jetzt, wie es mir die ganzen Jahre über ergangen ist. Wie waren deine letzten Jahre?“
Ich erzählte Nico von Sven und von der geplatzten Hochzeit. Wie ich Hannes großzog und wie es dazu kam, dass ich Kinderbuchautorin wurde. Er hörte mir aufmerksam zu und lauschte meinen Worten genau.
„Hannes heißt also unser Sohn. Das ist ein schöner Name.“
„Danke. Er sieht dir zum Verwechseln ähnlich. Von mir hat er nur die Augen und die Haarfarbe geerbt. Nun ja, meine frühere Haarfarbe, um genau zu sein.“
„Mach dir nichts draus. Ich bin mittlerweile auch grau wie ein Esel.“
Wir lachten und unterhielten uns über die vergangenen Zeiten. Mir kam es so vor, als ob wir immer Kontakt gehabt hätten. Seine Stimme war mir so vertraut und auch sein Lachen.
„Ich möchte dich wieder sehen.“
„Oh.. ja, ich würde dich auch gerne wieder sehen.“
„Sollen wir uns am Sonntag im Cafe „Unter den Linden“ treffen?“
„Ja, gerne. Um wie viel Uhr denn?“
„Sagen wir so um drei Uhr, zu Kaffee und Kuchen.“
„Das ist eine perfekte Zeit. Dann sagen wir mal bis Sonntag.“
Wir verabschiedeten uns und legten auf. Ich konnte es immer noch nicht fassen. Gerade hatte ich mit Nico telefoniert und mich mit ihm verabredet. Ich legte das Telefon auf die Station und rief Konstanze zu mir nach oben.
Ich erzählte ihr von unserem Telefonat und sie schien völlig aus dem Häuschen zu sein. Kostanze ging wieder nach unten und bereitete das Mittagessen vor. Ich legte mich auf mein Bett und las noch ein bisschen weiter.
Hannes wuchs zu einem prächtigen Schulkind heran und besuchte die
Vlissinger-Grundschule. Er schrieb gute Noten und spielte viel mit Bernd.
Die beiden waren unzertrennlich und trafen sich jeden Tag nach der Schule. Oft brachte Hannes seinen besten Freund sofort von der Schule aus mit zu uns. Sie machten gemeinsam Hausaufgaben und spielten danach.
Ich führte immer noch meinen Blumenladen und schrieb abends an meinen Kinderbüchern weiter.
Die Jahre zogen ins Land und Hannes wurde immer älter. Er ließ sich die Haare wachsen und hörte aufdringliche und aggressive Musik. Er trug nur noch schwarze Kleidung und sein Zimmer dekorierte er mit merkwürdigen Postern. Aber es war nur eine Phase von ihm, die er bestimmt bald wieder ablegen würde.
Diese Phase durchlebte auch Bernd. Die beiden waren manchmal bis spät in die Nacht unterwegs und zogen von einem Nachtclub zum nächsten.
Vanessa rief mich oft an, weil sie sich solche Sorgen machte. Was ich sehr gut verstand. Ich machte mir auch Sorgen. Ich versuchte nicht daran zu denken, aber was wäre, wenn Hannes etwas zustoßen würde. Er war doch das Liebste, was ich auf der Welt hatte.
Wenn er mal wieder später als zur vereinbarten Zeit nach Hause kam, verpasste ich ihm Hausarrest. Doch das schien ihn nicht weiter zu stören. Sobald ich schlafen ging, schlich er sich aus dem Haus und feierte ausgiebig mit Bernd.
Manchmal kam er erst in den frühen Morgenstunden nach Hause und ging dann total verschlafen zur Schule.
Seine Noten litten sehr darunter. Oft bekam ich einen bitterbösen Brief von der Schule nach Hause. Was würde nur aus Hannes werden? Mit diesen Noten würde er nicht seinen Abschluss schaffen und auf ein College gehen können.
Ich verbot ihm, sich mit Bernd zu treffen. Erst wenn sich seine Noten besserten, dürften die beiden sich wieder treffen. Vanessa und Wolfgang waren damit einverstanden und erteilten Bernd ebenfalls Verbot, sich mit Hannes zu treffen. Den beiden schien es dabei nicht sehr gut zu gehen und sie lernten was das Zeug hielt, um wieder miteinander abhängen zu dürfen.
Die Noten wurden besser und ich erlaubte Hannes, sich wieder mit Bernd zu verabreden. Er behielt seine guten Noten und bekam einen guten Abschluss. Hannes und Bernd gingen aufs College und wohnten in einem Studentenwohnheim. Sie teilten sich mit zwei anderen Jungs ein kleines Häuschen.
Jetzt war ich ganz allein hier in diesem Haus. Früher, bevor Hannes zur Welt kam war ich auch immer allein. Doch jetzt war es eben etwas ganz anderes. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, arbeitete ich fleißig an meinen Büchern und unten im Laden.
Es klopfte an meine Tür.
„Herein?“ Die Tür öffnete sich und Hannes kam herein.
„Ich habe gehört, dass du dich mit ihm treffen wirst!“
„Ja, da hast du richtig gehört. Und wenn dir das nicht passt, ist es dein Problem.“ Ich stand auf und richtete meine Kleidung zu Recht.
„Ich möchte aber nicht, dass du dich mit ihm triffst. Er hat dich damals so verletzt. Wie kannst du das alles nur vergessen haben?“
„Ich habe es nicht vergessen. Nur weil ich mich mit ihm treffe, heißt das nicht, dass wir heiraten und zusammen ziehen.“
„Das ist mir schon klar. Ich will einfach nicht, dass er dir wieder so weh tut wie damals.“
„So weit werde ich es nicht kommen lassen.“
„Okay, triff ihn ruhig. Nur komm nicht auf den Gedanken, ihn hierher zu bringen.“
Ich nickte Hannes zu. Seine Wut war für mich irgendwie verständlich. Aber was wäre, wenn Nico und ich wirklich wieder zusammen kämen? Würde er mich dann vor die Tür setzen?
“Ich sollte dich eigentlich zum Essen holen.“
Wir gingen nach unten und aßen gemeinsam das leckere Essen, das Konstanze für uns gezaubert hatte. Hannes und die Kinder räumten den Tisch leer und spülten das Geschirr ab. Es war so ein tolles Wetter draußen, dass wir beschlossen, gemeinsam in den Park zu gehen.
Ende Kapitel 40
@*jojo: dein posteingang ist voll..