So, dann soll es auch weitergehen jetzt.
Entschuldigt bitte die Bilder. Sie sind schon sehr alt und daher so mies. Hoffe es stört nicht allzusehr und ich gelobe Besserung.
Kapitel 2 - Teil 3
Nach der Schrecksekunde sah ich, dass er weder ein Messer noch eine Pistole in der Hand hielt, sondern einfach eine Lederleine, an der ein Hund, der mir erst jetzt auffiel, angebunden war. Wie ich den Hund übersehen konnte, war mir schleierhaft, denn er war riesig! Groß, kräftig und schwarz, und angsteinflößend, genau wie sein Herrchen. Gab es nicht so einen Spruch, dass Hundebesitzer oft ihren Tieren ähnelten? Hier stimmte es absolut.
„Das ist Stan”, sagte der Mann mit einem Blick auf den riesigen Dobermann. „Mich kannst du Black nennen.”
Wie er auf den Namen kam war absolut einleuchtend und ich musste fast schmunzeln. Dann fand ich jedoch schnell meine Fassung wieder.
„Hunde sind hier nicht erlaubt”, sagte ich so selbstbewusst wie möglich und versuchte mich unbewusst etwas großer zu machen als ich war.
„Mir haben sie nichts gesagt da unten”, erwiderte Black gleichgültig. „Und stehst du mit deinen Kunden immer ne Stunde in der Tür?”
Ich schluckte, hatte ich doch fast ganz vergessen, dass er ein Kunde war. Kunden bedeuteten Geld, Kunden vergraulen bedeutete kein Geld und zu viele Kunden zu vergraulen bedeutete mächtig Ärger mit Vera.
„Entschuldige”, gab ich kleinlaut von mir und trat zur Seite. Ich spürte, wie mein Selbstbewusstsein wieder dahin schied.
Natürlich hatte Stupsi nichts gegen den Hund gesagt, sicher wollte sie nicht gleich ein Messer an der Kehle haben. Dieses Vergnügen überließ sie wohl lieber mir. Blöde Kuh. Manchmal war man echt verloren auf dieser Welt.
Ich schloss die Tür, setzte meinen professionellen gefühlslosen Gesichtsausdruck auf und drehte mich zu Black und seinem Begleiter mit den scharfen Zähnen um. Hunde konnte ich echt nicht leiden, sobald sie großer waren als ein Chihuahua. Und dieser war nicht nur riesig, sondern hatte nicht mal kuscheliges Fell oder auch nur irgendetwas, was man sympathisch finden konnte.
Der schwarze Mann hatte sich inzwischen auf dem Holzstuhl niedergelassen und guckte gleichzeitig interessiert, aber doch wenig beeindruckt und irgendwie auch trotzdem gleichgültig durch die Gegend. Es war an der Zeit, das Gespräch zu suchen und mit dem Geschäftlichen zu beginnen.
„Wie du sicher weißt, gibt es verschiedene Preise, je nachdem was du haben willst. Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt, aber kein SM. Das Standartpaket kostet 120, darin einbegriffen sind…”
„Was ist mit Reden?”, unterbrach der Mann mich ruhig, aber bestimmt und sah fragend zu mir auf. Er wirkte völlig entspannt, wie er da so saß, während ich merkte, wie ich mich immer mehr verkrampfte.
„Du meinst Dirty Talk? Mach dir darum keine Sorgen, das ist…”
„Ich meine nicht Dirty Talk, ich meine Reden”, entgegnete Black, dessen Blick immer noch auf meinen Augen haftete, was mir unangenehm war und mich doch sehr irritierte.
Manche Kunden, aber eigentlich ausschließlich ältere Männer, kamen zu Prostituierten, um sich mit ihnen zu unterhalten. Sie redeten dann von ihrem unerfüllten Sexleben, ihren Fantasien, ihren Frauen zu Hause und manchmal auch einfach über ganz banale Dinge, weil sie sonst niemanden zum quatschen hatten. Diese Kunden waren die einfachsten, man musste nichts tun außer rumzusitzen, seinen eigenen Gedanken nachzugehen und ab und zu mal ein mitleidiges Wort in den Raum zu werfen.
Leider war diese Art Kundschaft aber sehr selten und eigentlich wusste ich, dass Black nicht zu ihnen gehörte. Er sah nicht so verzweifelt aus, als dass er mir seine Probleme erzählen würde, irgendwie war er sowieso ganz anders als die Anderen, die man doch eigentlich immer einem bestimmten Typen zuordnen konnte.
„Reden ist okay, das kostet erstmal dreißig. Ich kann dir das ganze noch ein bisschen versüßen, dann…”
„Reden reicht”, unterbrach er mich wieder bestimmt, aber ohne jegliche Betonung in der Stimme.
Ich setzte mich auf die Bettkante, weil diese die einzige noch freie Sitzmöglichkeit war. Immer wieder wanderte mein Blick zu dem Hund, der neben seinem Herrchen auf dem Boden lag und trotz der geschlossenen Augen und der entspannten Haltung immer noch aussah wie ein Raubtier, das heute noch nicht gefrühstückt hatte.
„Warum machst du diesen Job?”, riss Black mich aus meinen Fantasien, in denen das Ungeheuer grade auf mich zusprang, um mich zu zerfleischen.
„Ähm nunja…”, begann ich.
Diese Art der Fragen waren sehr selten, umging ich sie doch meistens, da sie eh nur aus Höflichkeit gestellt wurden. Das war echt nicht nötig, schließlich bezahlte der Mann ja dafür, über seine Probleme zu reden, und nicht über meine. Außerdem fielen mir auf diese Art Fragen echt keine Antworten ein, jedenfalls keine guten.
„Er gefällt mir”, log ich.
Black entgegnete nichts und sah mich nur mit seinem durchbohrenden Blick an. Ich fühlte mich ein wenig wie bei einer Polizeivernehmung. Was wollte der Kerl bloß?
„Ich interessiere mich für dein Leben”, sagte Black, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Ich fühlte mich immer noch sehr unwohl und unsicher, am liebsten wäre ich aus dem Zimmer gestürmt, doch zwischen mir und der Tür befand sich Mr. Grusel und sein ponygroßer Begleiter, der natürlich nicht mal einen Maulkorb trug, wie es sich für diese Art Tier gehören würde. Wie ich Hunde hasste! Ich konnte echt nicht verstehen, wie man sich damit freiwillig umgeben konnte.
„Sieh mich doch einfach als Geschäftsfrau”, fiel mir ein, um Blacks nerviges Gefrage abzuwimmeln. „Kunden haben Bedarf nach Dienstleistungen, sie bekommen sie, ich bekomme das Geld, und sie gehen wieder.” So konnte man es auch ausdrücken, ich war schon fast stolz auf mich.
„Hast du kein schlechtes Gewissen”, fragte er.
„Wieso das denn?”
„Du verkaufst den Kunden das Gegenteil von dem, was du versprichst.”
„Bitte?!”
Dieser Typ machte mich wahnsinnig, ich hatte grade einfach keine Lust zum Nachdenken, darauf war ich nicht eingestellt.
„Sie denken, sie können Liebe kaufen, das ist, wofür sie bezahlen. Was sie wirklich kriegen, ist emotionslose Gleichgültigkeit. Das Gegenteil. Vielleicht ist es eine Art Betrug.”
Black hob eine Augenbraue an.
Ich stockte. Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. Aber es war ja auch egal, die Kunden waren zufrieden und das allein zählte.
„Mir ist es egal”, fuhr Black fort, ohne eine Antwort abzuwarten. „Wenn es dich glücklich macht, ist es ja okay.”
Ich wollte ihn gerne fragen, warum er gekommen war, jedoch wäre das total unhöflich gewesen. Natürlich war er nicht gekommen, um mit mir über mich zu reden. Wieso sollte ihn das auch interessieren, er kannte mich ja gar nicht. Aber wieso war er bloß hier? Ob er einfach zu schüchtern war, um nach Sex zu verlangen? Das kam manchmal vor, aber diesen Eindruck vermittelte er eigentlich nicht… vielleicht hatte er doch schlimmere Absichten und heimlich schaute ich mich nach einer potentiellen Waffe um, die ich gegen ihn verwenden könnte. Ein Stuhlbein vielleicht, oder einfach nur eine spitze Nagelfeile. In meinen Gedanken verfluchte ich Vera, die ja eigentlich an allem Schuld war. Was hatte sie mir hier nur eingebrockt?
Black fragte mehr und mehr Fragen über mich und mein Leben, die mich komischerweise tief berührten. Normalerweise stellte ich meine Gefühle und gewissermaßen auch meinen Verstand während der Arbeit ab, aber dieses Mal war es einfach nicht möglich. Blacks dunkle Stimme wurde nach einer Weile aber irgendwie beruhigend und so fand ich mich mit meinem Schicksal ab, erzählte ihm was über mein Leben und hoffte einfach, ihn danach nie mehr wieder zu sehen. Und seinen Monsterhund auch nicht.
„Danke für das Gespräch”, sagte Black nach scheinbar unendlich langer Zeit plötzlich. Er legte 30 Euro auf den Tisch und verschwand dann mit seinem Hund Richtung Tür. Plötzlich hatte ich doch ein schlechtes Gewissen.
Natürlich war er nicht des Redens wegen gekommen, wie konnte ich das nur glauben. Er war garantiert einfach zu schüchtern gewesen, und ich hatte es nicht geschafft, ihm das zu nehmen. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich, wie eine Versagerin.
„Man sieht sich”, meinte er mit einem letzten Blick in meine Augen und verschwand dann ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer.
Langsam entspannte mein Köper sich, ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen. Puh, noch mal Glück gehabt, weg war er. Endlich. Ja, ich hatte nur dagesessen und geschwafelt, trotzdem war ich unglaublich froh, dass es vorbei war. Verdrehte Welt.
‚Meinen Körper können sie haben, die Seele sollen sie in Ruhe lassen’, schoss es mir durch den Kopf und ich wunderte mich über meine eigenen Gedanken.
‚Stell dich bloß nicht so an’, sagte ich mir. Vielleicht brauchte ich einfach eine Pause. Nach Hause fahren, ab vor die Glotze, das war eine gute Idee. Hoffentlich wurde ich diesem Mann nie wieder begegnen müssen.