So, dann solls mal weiter gehen, nech?
Die ersten Bilder finde ich nicht gelungen, zum Schluss wirds dann aber besser...
Hoffe, der Teil gefällt euch und wünsche euch viel Spaß beim Lesen! Über Kommis freue ich mich natürlich wie immer!
Kapitel 17 – Samantha
Natürlich kann man alle Gefahren vermeiden. Aber dann vermeidet man auch das Leben an sich. (H. Küls)
Sie hängten Wäsche auf die Leine und bügelten, um Elena zu entlasten und Samantha musste sich bemühen, ihrer Schwester nicht ins Gesicht zu sehen. Es war ihr unangenehm, vor Catherine so viel zu weinen, aber sie konnte nichts dagegen tun. Nach der Ankunft ihrer Schwester hatte sie sich tatsächlich besser gefühlt. Sie hatte es genossen, dass jemand für sie da war, mit dem sie über alte Zeiten reden konnte, mochte die Nähe ihrer Schwester. Ja, einen Moment lang hatte sie sogar geglaubt, dass eine Chance bestand, irgendwann wieder einigermaßen normal weiterzuleben. Und dann war Alec Liffrey aufgetaucht.
Wer war dieser Mensch, dass er einfach in ihr Haus spazierte, wie es ihm passte? Sollte Paul ihn tatsächlich gekannt haben? Sollte Paul wirklich vorgehabt haben, das Haus zu verkaufen?
Nein, Samantha glaubte nicht daran. Glaubte kein Wort dessen, was dieser dahergelaufene Makler ihr erzählte. Es war einfach nicht wahr, es konnte nicht sein. Liffrey war ein Lügner, ein Betrüger. Er war doch nicht einmal Makler, er war in der Werbebranche. So leicht ließ sie sich nicht übers Ohr hauen, der konnte sich auf etwas gefasst machen. Ob sie ihren Anwalt anrufen sollte?
Obwohl sie sich nicht ansah, erriet Catherine ihre Gedanken.
„Ignorier diesen Typen, Samantha. Der ist es überhaupt nicht wert, vergiss ihn. Wir lassen ihn nächstes Mal einfach nicht mehr rein, da kann er klingeln und warten wie er will. Hey, mach dir über den keine Gedanken!“
Catherine nahm eine Jeans aus dem Wäschekorb und schüttelte sie kräftig aus.
„Lass uns heute was Schönes machen, ja? Was hältst du von einem Spaziergang zum See? Wir könnten picknicken!“
„Cathi…“
„Was denn? Es ist wunderschönes Wetter draußen, du musst mal wieder rausgehen. Hier drinnen hält es doch kein Mensch aus.“
Samantha blickte auf die bunten Wäscheklammern, die die Kleidung an den Leinen hielten. „Ich fühle mich nicht so gut. Dieser Kerl gestern… ich glaube das ist alles ein bisschen viel.“
„Lass dich von dem nicht runterziehen. Das ist nur so ein Idiot. Ich fände es gar nicht schlecht, wenn du das Haus verkaufst, das weißt du. Eine kleine Stadtwohnung würde dir tatsächlich besser stehen.“ Catherine fuhr fort, bevor Samantha etwas entgegnen konnte. „Aber darum geht’s ja gar nicht. Damit sollst du dich jetzt nicht befassen. Entspann dich einfach mal. Wir gehen Enten füttern und lassen ein bisschen die Seele baumeln. Keine Widerrede!“
Samantha sah ihre Schwester an, die das letzte Handtuch aus der Wanne nahm und auf den Ständer hängte. Ihre Lippen zitterten und sie musste sich bemühen, die Tränen zurückzuhalten.
„Cathi, ich möchte nicht rausgehen. Ich war seit einem halben Jahr nicht mehr draußen. Mir… ich…“
Catherine drehte sich zu ihrer Schwester und nahm sie in den Arm.
„Ich bin da, Sam. Ich bin immer da. Wir werden es schaffen, wir beide. Du brauchst keine Angst mehr haben.“
-
„Ich habe Angst vor der Welt da draußen“, gab Samantha zu, als sie an der Tür auf Catherine wartete, die sich nicht zwischen zwei Schuhpaaren entscheiden konnte.
„Ich weiß. Aber deswegen musst du ihr begegnen und dich nicht wegsperren. Wie lange hast du den Wind nicht mehr auf deinem Gesicht gespürt oder die Sonnenstrahlen auf deiner Haut? Das geht so nicht weiter, Sam. Wir schaffen das. Weißt du, wie du mich damals am liebsten zur Schule gezogen hättest, als ich mich nicht hingetraut habe wegen dieses Idioten Bobby? „Du kannst dich nicht verstecken“, hast du gesagt, und jetzt sage ich es zu dir. Die Erde dreht sich weiter, Sam. Ganz bestimmt.“
Samantha schwieg und sah ihrer kleinen Schwester in die Augen. Sie wusste, dass Catherine Recht hatte, das Selbstmitleid und die Depressionen mussten aufhören. Sie musste sich gefälligst zusammenreißen. Ihr Leben war trist und leer, aber es würde nicht erfüllter werden, wenn sie nichts dafür tat. Samantha atmete tief durch und öffnete die Tür nach draußen.
Ein leichter Windhauch wehte herein und das Gezwitscher der Vögel drang an ihre Ohren.
Natur. Wie hatte sie so lang ohne sie auskommen können? Catherine hatte sich für ein Paar Schuhe entschieden, den Picknickkorb aus der Küche geholt und schlenderte an Samantha vorbei nach draußen.
„Na komm! Du wirst es nicht bereuen, ganz sicher!“
Die Augen ihrer Schwester leuchteten, als Samantha die Haustür hinter sich schloss und ihr in Richtung Tor folgte. Nein, sie bereute es nicht.
-
Nur ein paar weiße Schäfchenwolken zierten den Himmel und die Sonnenstrahlen erwärmten Samanthas Gesicht. Der Geruch blühender Bäume und Wiesen lag in der Luft und Samantha wusste, dass sie diese Empfindungen vermisst hatte. Monatelang hatte sie nur die muffige Wohnungsluft des alten Hauses eingeatmet und die blühende Natur nur durch die Glasscheiben betrachtet. Sie hatte gewusst, dass das Leben hier draußen ihr auch ein Stück des ihren wiedergeben würde, und davor hatte sie Angst. Hatte Angst, andere Empfindungen als Trauer zu haben, zu genießen, zu leben. Sie konnte nicht leben, wenn…
„Hier?“, riss Catherines Stimme sie aus ihren Gedanken. Samantha sah sich um und stellte fest, dass sie bereits am See angekommen waren. „Wie gedankenversunken war sie gewesen?
„Okay, meinetwegen“, antwortete sie und erschrak über die Schwäche ihrer Stimme. „Ja, hier ist es schön.“
„Was ist, wenn dieser Liffrey doch nicht gelogen hat?“
Samantha saß auf der ausgebreiteten Picknickdecke und sah zu, wie ihre Schwester die mitgebrachten Snacks auf jener verteilte.
„Was?“
„Was ist, wenn Paul das Haus verkaufen wollte?“
Catherina schaute entgeistert auf.
„So ein Quatsch! Der lügt doch wie gedruckt. Du weißt doch wie das so läuft, in der Geschäftswelt. Der will das Haus haben und hat gemerkt, dass er es anders nicht bekommt.“
Konnte das sein? Waren die Menschen so durchtrieben? Woher wusste dieser Mann von Paul?
„Vergiss ihn echt, Sam. Wenn er das nächste Mal kommt, rufen wir die Polizei, Ende. Ich gebe zu, dass er eine Menge Charme hat, aber das kann er woanders ausleben. Der soll sich ein anderes Haus suchen.“
Catherine reichte Samantha einen Teller mit einem belegten Brötchen und etwas Obst.
„Und nun iss, ich hab mir so viel Mühe gegeben!“
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Samantha blickte auf den kleinen, glitzernden See und die Entenfamilie, die aus dem Schutz des Schilfes heraus kam, um im Wasser nach Nahrung zu suchen. Wie alt mochten die Küken sein? Ein paar Tage? Wie mutig sie waren, sich so klein, so schwach in diese schutzlose, grausame Welt hinauszutrauen. Aber was blieb ihnen Anderes übrig? Sie wollten leben und leben bedeutete, Wagnisse zu machen. Risikos einzugehen. Hindernisse und Ängste zu überwinden. War es das nicht, was das Leben ausmachte?
Samantha zog ihren Pullover aus und legte sich in das Gras. Die jungen Halme kitzelten ihre ausgemergelten, weißen Unterarme und sie sah in den blauen Himmel hinauf. Sie wusste, dass er da oben war. Dass er auf sie wartete, auf sie aufpasste. Dass er noch immer für sie da war.
„Danke“, hörte Samantha ihre schwache Stimme sagen. „Danke, Cathi, dass du mit mir hier her gegangen bist.“